Im Zuge der neuen EU-Regelungen für ein nachhaltiges Finanzwesen, trat am 10. März eine neue Gesetzesregelung in Kraft. Die Offenlegungsverordnung, aus dem Englischen Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), ist Teil des EU-Aktionsplans den Zielen der Pariser Klimaabkommen nachzukommen. Obwohl die 19-Seiten lange Verordnung vergleichsweise kurz ausfällt, bildet diese zusammen mit der Taxonomie-Verordnung und der noch ausstehenden Detail-Regelung ein Unterfangen, welches die Finanzwelt nachhaltig beeinflussen wird.
Investitionen in ESG-Produkte erfreuen sich immer mehr größter Beliebtheit. Nicht nur von Seiten institutioneller Investoren, auch Privatanleger beziehen neben Renditechancen immer öfter Nachhaltigkeitsfaktoren in Ihre Investitionsentscheidungen mit ein.
Nachhaltigeit war Auslegungssache
Doch die Problematik lag bisher darin der einfachen Auslegung der ESG-Konformität. Dies ließ vonseiten der Finanz-Teilnehmer großzügigen Spielraum selbst zu bestimmen, wie Nachhaltigkeit das eigene Finanzprodukt ist. Die Rede ist hier von Greenwashing, welches nicht selten speziell von Anbietern nachhaltiger Fonds betrieben wurde. Zu weiche Bestimmungen und fehlende Standards von Land zu Land boten jedoch die Möglichkeit dazu.
Maßstäbe der nachhaltigen Fonds innerhalb der EU wurden bisher unterschiedlich gesetzt. Beispielsweise gibt es nur in Schweden, Deutschland und Norwegen Fonds, welche Kernkraft, Kohle, Waffen sowie Suchtmittel und Verstöße gegen die UN-Nachhaltigkeitsprinzipien ausschließen. Dagegen weisen Frankreich, die Niederlande und England keine solcher Fonds aus.
Die SFDR zum Erreichen der Klimaziele
Das Ziel der EU lautet: Bis zum Jahr 2030 den CO2-Ausstoß im Vergleich zum Jahr 1990 um 40 % zu reduzieren und bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Für das gesteckte Klimaziel 2030 fehlen jedoch rund 180 Milliarden Euro an nachhaltigen Investitionen, die dafür in die Wege geleitet werden müssen. Es ist nicht zu verleugnen, dass der Finanzindustrie zum Erreichen der gesteckten Klimaziele so eine entscheidende Schlüsselrolle zur Verteilung zukommt.
Die Offenlegungsverordnung soll den nächsten Meilenstein eines Megaprojekts zur Regulierung der nachhaltigen Finanzwelt im Rahmen der im Juni 2020 verabschiedeten EU-Taxonomie darstellen. Die Devise lautet: mehr Transparenz und somit mehr Kapitalfluss in Richtung Nachhaltigkeit.
Was ist nun offenzulegen?
Die Verordnung kennt zwei Kategorien, in die unterteilt wird:
Einmal die Nachhaltigkeitsrisiken und zum anderen die negativen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsfaktoren, die auf Englisch auch Principal Adverse Impact Indicators (PAI) genannt werden. Unter den PAIs wird die Auswirkung auf „Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung“ verstanden.
Dagegen wird laut Art. 2 Nr. 22 der SFDR ein Nachhaltigkeitsrisiko wie folgt definiert: „Ein Nachhaltigkeitsrisiko ist ein Ereignis oder eine Bedingung in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, dessen beziehungsweise deren Eintreten tatsächlich oder potenziell wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert der Investition haben könnte”.
Diese Nachhaltigkeitsrisiken selbst, werden nochmal in drei einzelne Kategorien gegliedert, welche langfristig den Wert der Investition mindern könnten:
1. Physische Risiken: Zu diesen gehören extreme Wetterverhältnisse oder lang absehbare Veränderungen der klimatischen Bedingungen. Als Beispiel sind hier Waldbrände, Übersäuerung der Meere und das Anheben der Temperaturen zu nennen.
2. Transitionsrisiken: Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit wird auf politischer Ebene von einigen Industriezweigen mehr abverlangen als von anderen. So können zukünftig beispielsweise CO2-Steuern, der Kohleausstieg oder andere Änderungen im Zuge der Emissionssenkung, Risiken für die Geschäfte von Unternehmen darstellen.
3. Reputationsrisiko: Risikoreich ist laut der Offenlegungsverordnung auch, wenn Aktivitäten eines Unternehmens im Zuge für mehr Nachhaltigkeit eingestellt werden müssen. Auch die Unterlassung von Geschäften mit Unternehmen, die selbst einem erhöhten Nachhaltigkeitsrisiko ausgesetzt sind, kann als Reputationsrisiko gelten.
Ein kurzes Beispiel:
Ein Immobilienfond, der in Firmen investiert, dessen Gebäudeportfolio hauptsächlich aus Betonbauten besteht, die unmittelbar an der spanischen Küste gebaut sind, würde die Meeresspiegelanstieg ein Nachhaltigkeitsrisiko darstellen. Der umweltschädigende Beton, welcher direkt im Meerwasser steht und marines Leben in Gefahr bringt, wäre der negative Nachhaltigkeitsfaktor (PAI), weil dieser zum Klimawandel beiträgt.
Laut den Vorlagen der SFDR, welche von der europäischen Aufsichtsbehörde (ESMA) entwickelt wurden, müssen Finanzdienstleister, wie Fonds und Anlageberater Informationen, zur Nachhaltigkeit in Ihre Verkaufsprospekte mit aufnehmen und sowohl auf Gesellschafts- als auch auf Produktebene aufklären. Dabei spielt es keine Rolle “ob”, sondern „wie“ Nachhaltigkeitskriterien in der Anlageberatung berücksichtigt werden. Spezifisch sollen die vorvertraglichen Informationen der Anlageprodukte sowie jährliche Berichte über Nachhaltigkeitsrisiken offengelegt werden und wie sich diese auf die Rendite eines Investments auswirken können.
Welche Akteure sind von der Offenlegungsverordnung betroffen?
Die Verordnung verpflichtet „Finanzberater“ und „Finanzmarktteilnehmer“ zur Offenlegung, wie Risiken und PAIs in deren Beratung oder Investitionen mit einfließen. Spezifisch sind folgende Akteure betroffen:
Finanzberater
- Versicherungsvermittler sowie Versicherungsunternehmen, die Beratungen für IBIPs anbieten
- Kreditinstitute
- Unternehmen die Wertpapierdienstleistungen erbringen AIFM und OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die Anlageberatung anbieten
Finanzmarktteilnehmer
- Anbieter von europaweiten privaten Produkten für Altersvorsorge
(Pan-European Personal Pension Product – PEPP) - Kapitalgesellschaften, alternative Kapitalgesellschaften, alternative Investmentfonds, qualifizierte Risikokapitalfonds oder qualifizierte Fonds für soziales Unternehmertum verwalten
- Versicherungsunternehmen, die Versicherungsanlageprodukte wie Insurance-based Investment Products (IBIPs) vertreiben
- Anbieter von langfristigen europäischen Investmentfonds (European Long-Term Investment Funds – ELTIFs)
- Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge
- Kreditinstitute, welche Portfolioverwaltung anbieten
- Anbieter von Altersvorsorgeprodukten
- Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Portfolios verwalten
Jedoch stehen nicht alle Unternehmen in der Pflicht, ab dem 30. Juni 2021 die negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren sowie Nachhaltigkeitsrisiken offenzulegen. Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeiter sind von der Offenlegungspflicht der PAIs ausgenommen, müssen aber dennoch Stellung beziehen und erklären weshalb. Hingegen müssen über Nachhaltigkeitsrisiken bereits ab einer Unternehmensgröße von drei Mitarbeitern aufgeklärt werden.
Der Beratungsprozess unter der SFDR ändert sich erst einmal nicht
Am eigentlichen Beratungsprozess ändert sich erst einmal nichts. Das genaue Datum steht noch aus bis wann, aber voraussichtlich erst ab dem Jahr 2022 müssen Anlageberater und Vermögensverwalter gezielt nach den Präferenzen in Sachen Nachhaltigkeit bei Ihren Kunden erfragen. Im Falle der gewünschten Aufklärung sollen die ESG-Kriterien in den Beratungsprozess mit einbezogen werden und anhand der Kundenwünsche das richtige Finanzprodukt ausgewählt werden.
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